Erdkinderplan im "Mühlwinkel"

Erdkinderplan im "Mühlwinkel"

 

Nach Maria Montessori ist in der schwierigen Zeit der Pubertät eine Trennung vom Elternhaus von Vorteil, um an einem Ort des Schaffens, einem „Studien- und Arbeitszentrum“ zu wirken und zum Erwachsenen heranzureifen. In ihrem "Erdkinderplan", den sie um 1920 formulierte, sollte es drei Bereiche geben:

·         einen Bauernhof, als Stätte der Produktion

·         ein Geschäft, als Stätte des Vertriebs und der Kommunikation

·         ein Gästehaus, als Dienstleistungs- und Kontakteinrichtung.

Diese Einrichtungen sollten gemeinsam von Jugendlichen und Erwachsenen mit dem Ziel der wirtschaftlichen Unabhängigkeit geführt werden.

Weiter gehört zu Montessoris Gesamtkonzept bis zur Universitätsreife:

·         Erfahrungsschule des sozialen Lebens

·         Möglichkeiten zum Geldverdienen, um soziale Unabhängigkeit zu stärken

·         Einführung in fundamentales Wissen über ökonomische Mechanismen

·         Studium der Naturwissenschaften und Geschichte

·         Vermittlung der Realität des Lebens auf Basis sozialer Grundfragen


Der Studien- und Arbeitsplan — ein Rahmenplan für die weiterführende Schule — umfasst drei große Bereiche: „Moralische Pflege, Leibespflege, Programm und Methoden“.

Unter „moralischer Pflege“ versteht Montessori die Pflege der Beziehungen zwischen den Jugendlichen, ihren Lehrern und der Umgebung. Von den Lehrkräften erwartet Montessori Achtung gegenüber den Jugendlichen, Umgang auf Augenhöhe.

Der „Leibespflege“ widmet die Ärztin Montessori besondere Aufmerksamkeit. Wegen des vehementen körperlichen Wachstums der Jugendlichen — mit seinen psychischen Komponenten — legt sie Wert auf gesunde Ernährung und sportliche Betätigung; auch Suchtprävention war für Montessori damals schon ein Thema.

 „Programm und Methoden“ zielt besonders auf schulischen Unterricht: 

 

  • Montessori möchte den „persönlichen Ausdruck“ der Jugendlichen öffnen und fördern z.B. durch Musik, Sprache (Theater, Rhetorik) und bildnerisches Arbeiten.
  • Wesentlich geht es um den Aufbau der Personalität. Ein Eckpunkt ist die moralische Erziehung, die beiden anderen Eckpunkte sind Mathematik und Sprachen. Montessori spricht von der „vitalen Bedeutung der Mathematik“, aber auch wie sehr die „Sprachentwicklung ein Teil der Personalität selbst“ sei.
  • „Umfassende Bildung“ durch das Studium der Erde und der lebendigen Natur - eine Weiterführung der Kosmischen Erziehung - ist der dritte wesentliche Aspekt. Außerdem betonte Montessori besonders den Kontakt zwischen den verschiedenen Völkern und Kulturen. Friedenserziehung ist ihr grundlegendes Anliegen.


Die „Erfahrungsschule des sozialen Lebens“ sollte nach Montessoris Willen eine Schule für alle sein. Für die Vorgehensweise gilt: „Die besten Methoden sind diejenigen, die beim Schüler ein Maximum an Interesse hervorrufen, die ihm die Möglichkeit geben, allein zu arbeiten, selbst seine Erfahrungen zu machen und die erlauben, die Studien mit dem praktischen Leben abzuwechseln.“

In einer modernen Umsetzung des Erdkinderplans geht es darum, Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren eine angemessene, vorbereitete Umgebung zu geben. In diesem Alter werden zwischenmenschliche Beziehungen sehr wichtig: ständige Kommunikation, Selbstwirksamkeit, Einordnen des eigenen Empfindens, Denkens und Verhaltens.

Das Bedürfnis, den eigenen Platz in der Gesellschaft zu finden, steht an erste Stelle: „Wer bin ich? Wo gehöre ich hin? Wer passt zu mir? Was ist richtig? Welches Ziel verfolge ich?  Was kann ich für die Welt schaffen? Wie bekomme ich Rückmeldung?“ Es geht um eine Suche nach Orientierung und Halt.
 

Als Möglichkeiten für Jugendliche sehen wir heute:

  • Praktische Anforderungen und körperliche Anstrengungen erleichtern die Umwälzprozesse in der Pubertät.
  • Das Bedürfnis, echte Verantwortung übernehmen zu dürfen und Herausforderungen zu bestehen, wächst zunehmend.
  • Bestätigung und Anerkennung für ihre Arbeit zu bekommen ist besonders gut möglich, wenn Jugendliche praktisch etwas herstellen und etwas Sichtbares schaffen.
  • An erster Stelle steht das aktive, handelnde Erarbeiten.


Zu diesem Zweck haben wir in Schulnähe (Adresse: Mühlwinkel 4) ein 1.500 m² großes Grundstück mit einem renovierungsbedürftigen Häuschen erworben, das von den Jugendlichen unter behutsamer Anleitung von externen Fachleuten und den Lehrkräften tatkräftig bearbeitet und hergerichtet wird.
Gartenbau, Selbstverpflegung, Handwerkliches und Kreatives finden Platz und geben den Heranwachsenden ein sicheres Gefühl ihres eigenen Wertes. Ca. 9 Wochen pro Schuljahr arbeiten die Schüler der 7. und 8. Klasse im Projekt „Natur und Wirtschaft“ (Na&Wi), planen, treffen Absprachen, kalkulieren, experimentieren und reflektieren. Hier gelingt die Verbindung von Theorie und Praxis.


Hier ein kleiner Eindruck über unseren Erdkinderplan in Präsentationsform